15 Jahre Haft für Uiguren
Uigur Zeiten
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26.01.2021
Der uigurische Unternehmer und Philanthrop Ekpar Asat wurde in einem geheimen Verfahren wegen „Anstiftung zum ethnischen Hass und zu ethnischer Diskriminierung“ zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Er verschwand im April 2016, nachdem er von der Teilnahme an einem Ausbildungsprogramm des US-Außenministeriums für Führungskräfte nach Xinjiang zurückgekehrt war.
Rayhan, die selbst in den USA lebt, erzählt vom traurigen Schicksal ihres Bruders Ekpar:
„Ich heiße Rayhan und durchlebe die schmerzvollsten Momente in meinem Leben. Ich möchte euch die Geschichte meines Bruders und mir erzählen.
Unsere Mutter und unser Vater gehören in der Uiguren- Region zu den gern gesehenen Intellektuellen. Da wir in China lebten, beschäftigten sich beide weder mit politischen, noch mit religiösen Themen. Beiden war das Lesen, das Lehren sowie gute Bürger zu sein, wichtig.“
Rayhan wird das Verschwinden ihres Bruders nicht wortlos hinnehmen. Sie fordert Gerechtigkeit für ihren Bruder und damit seine Freilassung
„An meinen Bruder habe ich unglaubliche Kindheitserinnerungen. Wir spielten verstecken und stritten oft miteinander, aber dennoch ließ mein geliebter Bruder wirklich nie zu, dass mir in unserem Wohnviertel irgendjemand Leid zufügte.
Er beschützte mich immer. Als wir noch sehr klein waren und mir aufmüpfige Kinder meine Halskette wegnehmen und mich noch dazu schlagen wollten, eilte mir mein Bruder zu Hilfe. Ehe ich mich versah, war er da. Und steckte meinetwegen schmerzhafte Prügel ein. Sein Gesicht schwoll an und an seinem Auge wurde er auf einmal blaue Flecken.“
Ein Foto aus ihrer Kindheit: Rayhan mit ihrem jüngeren Bruder Ekpar
„Mein Bruder, der in jungen Jahren eine große Leidenschaft für Computer anerkannt, entwickelt als Jugendlicher eine der in unserer Region anerkannten Social-Media-Plattformen, wodurch er auch zu einem besonders erfolgreichen Unternehmer und Geschäftsmann wurde.“
Ekpar hatte schon als kleiner Junge eine große Begeisterung für Computer
„Als reicher Mann, hatte er seine Herkunft jedoch nie vergessen und half bedürftigen Kindern ohne dabei Unterschiede zwischen Chinesen und Uiguren zu machen. Mein Bruder war für seine Wohltaten bei den Uiguren bekannt und äußerst beliebt.
Ich erinnere mich an jenen Tag, an dem ich in die juristische Fakultät der Harvard University aufgenommen wurde. Ekpar gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging in sein Zimmer, von wo aus ich weinerliche Geräusche vernahm. Er liebte mich, seine Schwester sehr. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir nicht einen einzigen Tag voneinander getrennt gewesen.“
„Ich machte mich auf den Weg nach Boston und mein Bruder gab mir zum Abschied eine Schachtel, wobei er mich bat, sie erst nach meiner Ankunft in Amerika zu öffnen. Dort angekommen, öffnete ich die Schachtel. Aus ihr zog ich die Kette heraus, die ihm so viel Schläge eingebracht hatte, wie er als Kind versuchte mich zu retten. Ich habe über sein Geschenk gelacht und deswegen auch viel geweint.“
Vor vier Jahren, als sie sich zuletzt sahen, versprach Ekper Asat seiner Schwester, dass er gemeinsam mit den Eltern zurückkehren würde. Sie sollten dabei sein, wie sie als erste ethnische Uigurin an der Juristischen Fakultät der Universität Harvard mit einem Master graduieren würde.
Harvard- Absolventin, Rayhan Asat am Tag ihrer Graduierungsfeier
Doch dazu, kam es nie.
„Ich weiß, dass er sicher angekommen war. Aber ohne mir zu erklären, weswegen und weshalb, ohne Angabe eines Grundes, strich meine Familie auf einmal ihren geplanten USA-Besuch zu meinem Uni-Abschluss“, erzählte Ekpars Schwester, Rayhan Asat dem Sender ABC News.
Schließlich verstand Rayhan, dass ihr Bruder vermisst wurde, und ihre Eltern zu ängstlich waren, um es ihr zu sagen.
„Ekpar war nirgendwo zu sehen,“ sagte sie, „und ab diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass er mitgenommen worden war. Ich hatte mein Harvard- Studium abgeschlossen und wurde in den USA zu einer erfolgreichen Anwältin, mein Bruder war bereits ein bekannter Geschäftsmann in China. Wir wollten uns eigentlich treffen. Wir hätten uns innig umarmt, um die Sehnsucht zu stillen.“
Rayhan und Ekpar Asats Eltern, die beide mitansehen mussten, wie ihr Sohn von der chinesischen Polizei abgeführt wurde.
„Aber eines Tages wurde er wie Millionen Uiguren vor Augen seiner in die Jahre gekommenen Eltern, von der chinesischen Polizei abgeführt und in ein Konzentrationslager gebracht. Genau wie all die anderen. Und kurz daraufhin zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Er mein unschuldiger und hilfsbereiter Bruder.“
„Vor vier Jahren von der chinesischen Polizei verhaftet und seit dem verschwunden. Er wurde im geheimen Prozess ( Scheinprozess) zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er war gegenüber der chinesischen Regierung
nie kritisch”, sagte Rayhan.
„Tatsächlich lobte ihn die chinesische Regierung sogar mehrfach in chinesischen Medien als „Brückenbauer und positive Kraft zwischen ethnischen Gruppen und der Mehrheit.“
Was Ekpar zugestoßen war, ist „beunruhigend typisch für das, was wir in den letzten Jahren von den chinesischen Behörden in ganz China mitbekommen haben”, sagte Sophie Richardson vom Human Rights zu ABC News.
„Vor der Pandemie schon konnten wir keine Auskünfte über seine Befindlichkeit erhalten, da man ihn hat gewaltsam verschwinden lassen“, sagte Rayhan.
„Die lokalen und internationalen Lockdowns haben das Schicksal der Millionen Opfer wie Ekpar noch weiter überdeckt! Seine Kette trage ich jeden Tag um meinen Hals und fühle bei jedem Atemzug, wie mir mein Herz bei dieser Erinnerung weh tut. Die Erinnerung an den Jungen, der meinetwegen soviel Schläge auf sich genommen hatte. Ich aber, bin zu schwach, um ihn zu retten.“
Rayhan Asat hier mit einem Foto ihres inhaftierten Bruders, Ekpar Asat
Seit mehr als vier Jahren hatte niemand mehr Kontakt mit ihm. Angesichts fehlender offizieller Informationen zu seinem Aufenthaltsort besteht Anlass zu großer Sorge um Ekpar Asat.
Seit mehr als vier Jahren hatte niemand mehr Kontakt mit ihm. Angesichts fehlender offizieller Informationen zu seinem Aufenthaltsort besteht Anlass zu großer Sorge um Ekpar Asat.
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